Mark Knopfler - Ausgebrannt?

Gestern war ich mit einem Freund zusammen an einem Showcase Konzert von Mark Knopfler an der AVO-Session.

Er hat vor geladenem Publikum nur eine genaue Stunde gespielt, liess sich nicht zu Zugaben bewegen trotz gutem Beifall.

Gespielt hat er Songs aus seinem neuesten Album. Aber die Wirkung, die er ausstrahlte ... mein Freund sagte, er hätte das Gefühl gehabt, da spiele eine mittelmässige Gitarrenkombo.

Es war gestuhlt, so dass wir alle sassen, und ich beobachtete mich, wie ich vom sicherlich schönen eingängigen Sound eingelullt fast einschlief. Hatte ein Freund recht? Ich überlegte mir das erst nach dem Konzert. Er spielte zum Vergleich nur ein Dire Straits Song, den allerdings genialen Brothers in Arms. Da bekam er den lautesten Applaus.

Vielleicht spielte er deshalb nur ne Stunde, weil seine eigenen Songs weniger gut anzukommen schienen. Diese waren ja auch von einer gewissen Genügsamkeit, Beschaulichkeit, Anspruchslosigkeit. Nett, stimmungsvoll, Marks Alter entsprechend?

Das Schweizer TV hat die Session aufgezeichnet und wird sie irgendwann bringen. Knopfler selbst spielt im April 2008 in Zürich ein öffentliches Konzert.

Wenn er so spielt wie heute, dann ginge ich dort nur hin, wenn ich grad eine relaxte Chillout Session brauche. Es scheint, als ob der 58-jährige Schotte irgendwie sein Pulver verschossen hat. Natürlich alles gemessen an dem, was er früher produzierte.

Es war schön, aber nicht genial - und hoffentlich nicht repräsentativ für ihn oder seinen Zustand.

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Daniel's Gravatar Interessanter Bericht. Allerdings erstaunt mich dieser nicht, Du erinnerst Dich an meine e-Mail vor dem Konzert. Ich habe das Konzert in Basel nicht miterlebt, habe aber im TV eine Aufzeichnung des Wiener Konzertes gesehen.

Ich hatte Mark Knopfler anlässlich der letzten Welttour von Dire Straits anno 1992 im Hallenstadion erlebt. Nachdem ich die bombastische Tour in den Achzigern leider verpasste, freute ich mich damals umso mehr auf die Performance von "On Every Street". Leider aber war ich, wie Martin heute, auch damals sehr enttäuscht, zumal die Straits eine meiner Lieblings-Bands war und Knopfler mein Idol eines Gitarrengottes schlechthin. Die Erwartungen, für die ich natürlich selbst verantwortlich war, waren entsprechend hoch.

Wenn Du die Frage nach dem Ausgebranntsein stellst, dann war dieses schon damals vorhanden. Lustlos spielte die Band die Songs runter und regte sich nicht von seinen Stühlen. Emotionen waren den Jungs keine zu entlocken.

Man würde ja zumindest erwarten, dass ein Genie trotz der hohen Anforderung an sich selbst, zuweilen sichtlich von der eigenen Genialität verzückt wird. Das ist wenigstens mein persönlicher Anspruch an ein gutes Live-Konzert. Ansonsten kann man sich ja auch ganz genüsslich zuhause von den Klangkonserven berieseln lassen - und sich damit seine eigenen Bilder nicht durch einen Mismatch zerstören lassen.

Die Luslosigkeit scheint also geblieben zu sein. Was ich aber zusätzlich bedauere ist die Tatsache, dass die musikalische Qualität - was nichts mit der Stiländerung seit Dire Straits zu tun hat - mit dem neuen Album ein Niveau angenommen hat, das Mark Knopfler nicht auch nur eine Idee seiner Genialität abverlangt, die er verkörpert. Seine Gleichgültigkeit scheint jetzt auch seine Musik zu banlisieren. Dies hat übrigens rein gar nichts mit dem Alter zu tun, denn ich habe eindrücklich erlebt, dass Musik kein Alter kennt und u.U. sogar besser wird. Eindrückliche Beispiele dafür waren etwa meine Konzerterlebnisse des Dave Brubeck Quartetts, wo das "jüngste" Bandmitglied damals 75 Jahre alt war, Ray Charles oder das "Hell Freezes Over"-Comeback der Eagels, das jetzt auch schon wieder einige Zeit her ist.

Knopfler ist nicht ausgebrannt, das ist einfach sein Stil. Das mag irritieren, aber das ist halt so. Er ist einfach kein Live-Musiker, umso mehr aber einer der begnadesten Studio-Musiker. Die Frage, die ich mir stelle, ist einfach, warum sich Musiker mit diesem Format und diesem Palmares es sich noch antun und rumtouren. Vielleicht, um sich noch was zu beweisen. Aber was denn, wenn alles schon erreicht ist? Ich vermute, Altmeister Knopfler ist ein Steppenwolf und erlebt die Erfahrung der Einsamkeit mit zunehmendem Alter stärker. ein Weg, dem gegenzuhalten ist womöglich das Publikum, das einem das Gefühl geben mag, dass man doch nicht alleine ist.

Daniel
# Erfasst von Daniel | 15.11.07 01:40
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