SVP - wirkliche Volksvertreter oder Trotzverein?

Ex-Bundesrat Blocher sagte es ja ganz klar in einem Interview: Er habe dafür gesorgt, dass die SVP sein Gedankengut vertrete. Also lebte die SVP nicht auf dank Blocher, sondern wegen Blocher. Eigentlich sagt das schon alles aus über die SVP, die ihn zum Chef erkor.

Jetzt ist er weg - und die SVP ist kopflos. Die SVP und ihre Hetzer sind nun ohne Charisma. So scheint es. Im Volksmund heisst es ja oft, die Politiker sind hauptsächlich ihrer selbst wegen in der Politik und sie würden nach der Wahl wundersam vergessen, was sie versprochen hatten.

Wenn nun die SVP trotzt, ist das eventuell ein völlig gegen die oben genannte Aussage gehendes Verhalten, also der uneigennützige Einsatz im Auftrage des Wählers? Nimmt also mal eine Partei mit ihren Politikern ernst, sich für den Willen der Wähler einzusetzen? Das heisst, Blocher als direkte Speerspitze des 30% Volksanteils. So könnte man sagen, dass es klar ist, dass die SVP sich mit allen Kräften einsetzen muss - alle stramm nach Stallorder -, wenn diese Speerspitze abgebrochen wurde.

Würde die SVP sich allerdings klar werden, dass sie Themen vertrete, dann spielt die Figur ja keine Rolle, dann sollte sie sich darum bemühen, ihr internes Chaos zu regeln und eine neue Galeonsfigur, einen neuen prominenten Kopf zu bringen. Sie könnte dann erkennen, dass die Themen schon ok sind - auch in der Art der Präsentation, denn 30% des Volkes wollen diese Themen behandelt sehen und goutieren auch die Art und Weise -, nur der Kopf war zu giftig, wurde fiebrig, ansteckend und musste abgehackt werden.

Was ist nun die richtige Bezeichnung dieses Verhalten? Konsequenz oder Trotz? Wie könnte sich die von der SVP-Führung angeordnete Opposition denn nun auswirken? Heisst das, dass alle SVPler nun stramme Fraktionspolitik vertreten müssen, man sonst ausgeschlossen wird (siehe die jetzigen beiden SVP-Bundesräte)? Damit würden wohl viele Einigungen, die es zur Lösungsfindung halt braucht, nicht stattfinden können.

Oder wird die SVP halt wieder mittelmässig, weil sie keinen derart dominanten Führer mehr hat? Das würde die SVP-Einzelvertreter wieder aufwerten, könnte auch dafür sorgen, dass sie sich wieder Fall für Fall in der Sachpolitik engagieren können, ohne Sanktionen der Parteichefs gewärtigen zu müssen, sollten sie sich mal gegen die Parteilinie entscheiden.

Meine persönliche Sicht lautet derzeit: Es ist ein Trotzverein, zumindest auf oberster Ebene.

Auch wenn ich einige Ideen ihrer Linie sehr wohl beachtenswert finde, will ich diese nicht so vertreten wissen. Ich finde, die Erfolge der Schweiz basieren auf der Verträglichkeit der politischen Lager. Es mag sein, dass es für diese heutigen Herausforderungen pointiertere Positionen brauche, aber ich finde, dass man dadurch noch lange keine Rechtfertigung erhält, Kampfrhetorik zu Grundsatzpositionen aufzuwerten.

Es sagte einer, wir in der Schweiz hätten Mühe mit charismatischen unbändigen Führern. Deshalb hatte Blocher weg gemusst. Ich habe kein Problem mit starken und eckigen Persönlichkeiten. Ich gelte ja auch nicht grad als Handschmeichler ... aber nur weil Blocher nicht mehr Bundesrat ist, weil ihn das verfassungsgegebene Elektorat nicht mehr wollte, würde ich kein solches Theater aufführen und beleidigte Leberwurst spielen.

Ok, viiiieeel früher konnte ich auch nicht trennen zwischen Person und Funktion. Das konnte ich zum grossen Glück schnell lernen. Ich hoffe, dass die SVP auch schnell lernt ... ;-)

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