Meine "TV-Lieblinge", Harald Lesch und Thomas Schwartz im BR3

Heute Nacht habe ich sie wieder mal gesehen, meine beiden TV-Lieblinge. Harald Lesch, Astronom und Physiker an der Uni München, und Thomas Schwartz, katholischer Theologe, Priester.

Ich finde es toll, was diese beiden nächtens veranstalten: Eine klassische Disputatio: Die Themen meist die üblichen grossen Fragen: Was ist Liebe, was ist das Universum, gibt es Gott, gibt es Engel, was sind wir, was ist Leiden, was ist Glück, was ist Religion?

Das Spannende ist, dass sie das Thema so beleuchten, wie sie es erstens aus ihrem Fachbereich sehen, dass sie diese Fragen aber auch an den andern stellen und sich anhören, wie es der andere sieht, ohne ihm eben vorzuwerfen, dass er ja nicht von demselben spreche.

Sie finden sich jeweils meistens, denn natürlich können sie einige Fragen auch nicht beantworten, wobei es dem Lesch natürlich schwerer fällt, da er aus der materiell erfahrbaren Grundlage argumentiert, der Physik. Schwartz hat es leichter, weil er seinen Glauben auch dann noch hochhalten kann, wenn er als menschlicher Theologe auch nichts mehr sagen kann.

Allerdings ist es für mich schon erfreulich gewesen zu bemerken, wie die beiden ein Thema wälzen, wie es oft Schwarz ist, der etwas "oben liegt" oder "die Nase vorn" hat, eben, weil der Verstand für die bipolare Welt geplant und geschaffen ist. Ausser bei Stephen Hawking habe ich bisher noch immer die Schwelle gehört, dass der Big Bang, der nach der gleichnamigen Theorie dieses Universum begründete, das Denken und die Frage nach dem Davor verbietet.

Heute Nacht diskutierten sie wieder mal das Thema Leid. Natürlich kann man sich nun zu diesem Thema buddhistische Schriften anlesen, christliche Sichtweisen anhören und phychologische Deutungen angedeihen lassen.

Wenn man die liest, ist es im Moment zumindest immer eine einseitige Sache. Die Disputatio, die diese beiden Herren führen, ist hingegen das ständige Ping-Pong von "Wie siehst du das" und "Wie erklärst du dir das" und "Wenn es so ist, wie du sagst, wohin führt das denn". Kein Standpunkt bleibt da unangetastet, von jedem aus erlauben sich die beiden, mal ihre Gedanken fliessen zu alssen. Viele Aspekte werden so von beiden aufgezeigt und angeregt.

Grad zum Thema Leid ist natürlich die Frage nach dem Tod, und zwar dem eigenen und dem anderer, eine spannende Sache. Schwartz sagte, das Leid geschehe nicht im Gedanken an den eigenen Tod, denn obwohl man wisse, dass man (wer?) sterben wird, erzeugt das kein Leid, aber den Tod bei anderen, natürlich geliebten Menschen zu erleben, das erzeuge Leid.

Das hat wohl auch schon jeder erlebt, wie man leidet, wenn man vom Tod eines bewunderten, geliebten, verwandten Menschen erfuhr. Wieso kann sowas Leid erzeugen? Ist ja klar, dass nichts Materielles ewig ist. Es ist die ureigenste Erfahrung jedes materiellen Objekts im Universum, dass es endlich ist. Niemandem ausser dem Menschen scheint das Probleme zu bereiten. Oder hat man schon die eigene Katze ohne Not sich in Gedanken über die eigene Vergänglichkeit grübelnd erwischt? Wohl kaum. Nicht mal das Schweinchen Babe hielt sich lange damit auf, dass seine Mutter geschlachtet wurde.

Lesch kann sich auf die Rolle des beobachtenden Physikers zurückziehen und sagen, Aufbau und Vergänglichkeit sind Dinge, die so ablaufen. Erst der Mensch macht daraus ein Theater. Da er natürlich auch Mensch ist, diskutiert er das mit Schwartz, und sie beleuchten so ziemlich alles, was es dazu zu sagen gibt. Sehr spassig.

Buddha sagte das halt einfach anders: Es sind die Ereignisse, die wir als Beobachter andauernd einordnen und bewerten wollen, die uns dadurch Leid "erzeugen" lassen. Wir haften den Dingen an, deshalb mögen wir keine Veränderungen. Alles Materielle sei Illusion. Nur, kann ein Mensch es auch noch so sehen, wenn beispielweise seine Eltern sterben, das Kind überfahren oder ermordet wird? Hier trennt sich dann die Spreu vom Weizen, sprich, es zeigt sich, wer das wirklich verinnerlicht hat. Buddha könnte es wohl. Wer kann's auch schon?

Viele interessieren sich für buddhistische Lehren. Hat er eventuell recht? Kann ein Mensch diesen Abstand halten zu dem, was er sieht und fühlt? Ist er dann noch ein Mensch, wenn er's kann? Hört dann das Leid auf? Ist das Gleichgültigkeit?

Lesch und Schwartz lassen es eben meistens offen, wie sie es nun ganz persönlich halten wollen. Wer ihnen jedoch aufmerksam folgte, hat danach reichlich Nahrung für eine Disputatio mit sich selbst, sprich meistens dem Verstand. Immer sehr bereichernd und befruchtend. Danke den beiden dafür!

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Kommentare (Kommentar-Moderation ist aktiv. Ihr Kommentar erscheint erst nach Prüfung.)
Katarina's Gravatar Wow, Martin! Du bist ja ein denkender (und dabei auch noch fühlender) Mensch! Tut das gut! Auch mir fehlt die ernsthafte Diskussion, der Disput, etwas, das über das blosse "Austauschen" von Meinungen hinaus geht. Aber was heisst da "Austauschen"? Moderner Meinungsaustausch ist heutzutage doch meist bloss Blablabla gegen Rhabarber-Rhabarber... Da tut es gut, deinen Blog zu lesen, auf den ich ausgerechnet über Trigami gestossen bin ;-) Erleichterte Ostergrüsse von Katarina
# Erfasst von Katarina | 08.04.07 12:12
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