Max Raabe und sein Palast-Orchester - Musik, swingend, witzig, wunderbar

TV macht schon vieles möglich. Wie sonst hatte ich die Vorstellung von Max Raabe in der Berliner Waldbühne sehen können.

Ich liebe ja Musik aller Art, ich lasse sie auf mich wirken und brauche da nichts zu sehen. Man könnte meine Augen verbinden, kein Problem.

Max Raabe ist allerdings auch eine Augenschmaus, er und die Art, wie er seine Bigband einsetzt. Seine förmliche Steifheit, die perfekte Kontrolle seiner Stimme und die schnelle Rhythmen der Musik aus den 20er und 30er Jahren kontrastieren irgendwie so unerwartet harmonisch, dass es schon amüsant ist, Visuelles mit Akustischem zu einem Sinnesschmaus zu vereinen.

Ich habe derzeit eine Phase, in der die Schwingung fast jeglicher Musik direkt einen Bypass um den Verstand herum zu meinem Wesenskern nehmen. Und dann passiert es, dass die Schwingung der Musik mich derart schüttelt und rüttelt, dass ich oftmals kurz Tränen in die Augen kriege. Einmal tief durchatmen und schon fliesst die Energie wieder ungehindert durch den Körper. Die paar Tränen zeigen mir jeweils, wie weit ich vom Fluss weg bin, denn sie kommen ja nur anfangs ... so wie bei einer versiegelten Getränkeflasche. Erst wenn das Siegel weggerissen ist, fliesst der Saft ...

Danach kann sich die emotionale Kraft der Musik in mir entfalten, sie spült das Ego weg, damit auch Begriffe wie Distanz, Geschmack, Style, verschiedene Rassen, es ist einfach die Schwingung, die Konzeption, die die Musiker ausstrahlen, indem sie spielen, wie sie eben spielen.

Ich gehe selten an Konzerte. Wieso? Weil es ich immer schade finde, dass die Menschen zwar glückliche und gelöste Gesichter haben während eines Konzerts, dass aber nachher nur wenige Minuten vergehen, in der sie sich ihre gute Stimmung zur Sau machen (lassen). War die Stimmung noch gelöst und freundlich, ist sie spätestens beim Gedränge in Trams ode rder Bahn wie weggewischt.

Ich möchte die Schwingung jedoch noch lange geniessen, deshalb gebe ich nicht in Konzerte. Ich beobachtete zu oft, dass die Stimmung bei mir nicht anhielt, wenn ich danach zurück nach Hause muss.

Die Fähigkeit der schwingenden Musik ist es, Egos aufzulösen oder zumindest kurzzeitig den Mund zu verbieten. Leider hält das nicht lange vor bei vielen.

Deshalb ist es für mich immer toll, Konzertmitschnitte im TV oder auf DVD zu geniessen. Ohne Ablenkung, ohne negative Struegedanken, die mir meine Stimmung verderben. Denn es hat wohl jeder schon bemerkt ... wenn man selbst sehr gelöst ist, merken man die Gedanken der anderen viel deutlicher. Wer's nicht glaubt, soll sich mal beobachten und seine Schlüsse daraus ziehen.

Max Raabe ist auf jeden Fall toll. Als sein "Kein Schwein ruft mich an" abhob, war mir nicht klar, wie gross es wird. Es freute mich zu sehen, dass er problemlos die Waldbühne füllen konnte.

Musik verbindet ... ich hoffe, dass die Besucher von Konzerten es schaffen, diese Erfahrung bewusst zu machen und sie heraus in den Alltag mitzunehmen und dann dementsprechend mit anderen umzugehen.

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