Ernährungswissenschaft oder Aberglaube? Ich bin Fan von Udo Pollmer

Ich liebe ihn, den Udo Pollmer. Nicht erst, seit er in Stern TV erscheint. Sein Buch Lexikon der populären Ernährungsirrtümer war eine erheiternde Lektüre für mich. Zu jedem Aberglaube wie "Kaffee ist ungesund, weil ..." o.ä. gibt es 1-2 Seiten Argumente dagegen - nicht nur solche, die er entwickelt hat, sondern auch solche, die einfach aus anderen Studien zum gleichen Thema entstanden.

Als ich dieses Buch las, war es für mich zwar nicht grad eine Offenbarung, aber ich war doch sehr erstaunt und in höchstem Masse erfreut, dass es einen gelernten Wissenschaftler gibt, der so leichtfüssig oder rauhbeinig mit den Glaubenssätzen der Ernährungsberater und -wissenschaftler umgeht. Ich konnte mir oftmals ein schallendes Lachen erlauben.

Wieso? In der Entwicklung meines Körpers waren Ernährungsprobleme viele Jahre lang ein Thema. Ich wurde vom Hinz zum Kunz geschickt, weil sich mein Körper erstens hormonell und vom Stoffwechsel her nicht nach "Standardregeln" entwickelte. Ich hatte Dutzende von Sitzungen bei den "Autoritäten" der Ernährungsberater als ich klein war.

Seit der Körper 4 Jahre alt war, meinten Leute, an ihm herumbasten zu müssen. Mit ca. 10 Jahren war mein Bewusstsein klarer im Körper und so fragte es sich oft, wovon diese Weisskittel eigentlich redeten. Die redeten auf den Körper ein, doch sie erreichten mich nicht.

So erlebte ich vieles an "gutgemeinten" Dingen, die allesamt nicht fruchteten und meine Mutter viel mehr belasteten als mich. Ich wusste instinktiv, dass die alle nur ihre angelernten Glaubenssätze an mir ausprobieren wollten. Aber wie sagt ein Junge das den Eltern, die mangels wahrem Wissen ebenfalls den Bedenkenträgern erliegen? In meinem Falle, gar nicht. Denn obwohl ich es instinktiv wusste, hatte ich natürlich in dem Alter noch keine Eigenständigkeit, es klarzustellen.

Als der Körper dann so ca. 19 Jahre Betriebszeit hatte, entschloss ich mich wegen eines anderen "Leidens", einer Migräne accompagné, fortan auf die Weisskittel zu verzichten, weil mir dannzumal gerade wegen der Migräne glasklar bewusst wurde, dass diese Leute keinerlei Ahnung haben über gewisse "Krankheiten".

Klar, ich bin schon froh, haben die Anatomie studiert, denn ich hatte einige Unfälle in meinem Leben, die dank Anatomiekenntnissen förderlich abheilten. Aber Migräne, da wissen die Mediziner nach wie vor fast nichts.

Ich schweife ab, also zurück zur Ernährung. Ich habe über die Jahre selbst herausgefunden, was meinem Körper am besten dient. Es ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was die Ernährungswissenschaftler predigen. Zum Glück gibt es alternative Ansätze, solche, die wirklich den Körper befragen, was sein bester oder optimalster Sprit ist, den ich ihm zuführen kann. Im Gegensatz zu Autos, die nur ihren geplanten Sprit verarbeiten können ohne Schaden zu nehmen, kann der Körper mit viel mehr Varianten umgehen. Dennoch gibt es für ihn sicher auch immer den optimalen Sprit für seine aktuelle Situation. Davon weiss das Ego natürlich meistens nichts, denn es hört lieber den Worten der Wissenschaftler zu als sich mal nach innen zu wenden.

Seit einiger Zeit habe ich die Ernährung gefunden, die zur Situation des Körpers passt. Spannend in dem Zusammenhang war, dass eine dieser anderen, alternativen Ernährungstheorien mir nach mehr als einem Jahr meine selbst gefundene Optimierung bestätigte. Dies erstaunte dann den Vertreter jeder Methode, denn er sieht das selten.

Und wieder zurück zu Pollmer: Im Stern TV von heute war er wieder mal als Gegenpart zu einer klassischen Ernährungswissenschaftlerin da. Es wurde wieder mal die Nahrungsmittelpyramide angebetet. Erst als Günther Jauch sich darüber mokierte, offenbarte Pollmer, dass es Hunderte von solchen Pyramiden gibt. Die "klassische" Frau hatte da im Gespräch oftmals nur Gedruckse als Antwort oder Kommentar.

Was mir so gefällt an Pollmer ist, dass er ein Wissenschaftler auf diesem Gebiet ist, aber völlig ungezwungen mit den Dogmen seiner Zunft umgeht. Wenn ich meine Erfahrungen mit meinem Körper dazudenke, kommt heraus, dass nur ich, und wirklich nur ich alleine wirklich erkennen kann, was mein Körper braucht und wann und wieviel. Dies ist eben die Selbstverantwortung, die einem kein Weisskittel abnehmen kann, er wird's auch nicht tun für mich.

Wieso denn diese andauernden Bemühungen, ohne Befragung des betroffenen Körpers diesem einen standardisierten Ernährungsplan aufzwingen zu wollen? Klar, weil die Nahrungsmittelindustrie eben das ist, eine Industrie. Und die lebt nur gut, wenn sie allen denselben Frass vorwerfen kann. Da wird dann eben beispielsweise diktiert, dass nur der von ihr entwickelter Functional Food gut für einen sei. Ja, dass er sogar besser als die Nahrungsmittel der Natur sei. Selbst wenn das stimmte, so darf man doch sagen, dass der Körper ein paar Jahrhunderttausende lang Zeit hatte, sich auf die "minderwertigere" Naturnahrung optimal einzustellen. Und da meint der Zauberlehrling schon nach ca. 100 Jahren, er wüsste es besser ... lachhaft.

Da wollen alle immer individueller werden, aber beim Essen lassen sie sich gleichschalten, wie ja auch beim Streben nach dem Körperäussern. Aus einer bestimmten Sicht ist das reines Schattenboxen ...

Wer sich also bei heiterer Lektüre neue Blickwinkel auf Glaubenssätze der Ernährungswissenschaft beschaffen will, der ist eigentlich mit allen Büchern von Pollmer gut bedient. Und als Belohnung bekommt er die Freiheit, so essen zu können, wie er will. Der Druck verschwindet. Und so kann dann jeder Mensch zu der Ernährung gelangen, die für seinen Körper wirklich förderlich ist. Ohne den Quacksalber der "Wissenschaften". Dafür mit dem Hören auf die Impulse des Körpers.

Viel Spass beim Lesen.

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Reto's Gravatar Der Mann und seine Äusserungen gefallen mir ebenfalls. Allerdings darf man eigentlich sowieso gar keinem glauben, alles was einmal als gültig angesehen wird, wird später wieder komplett umgestossen. Siehe Cholesterin und was weiss ich.

Übrigens, Martin, ich schätze Deine Artikel sehr. Wenn ich mir eine kleine Kritik erlauben dürfte: die Form ist sehr leseunfreundlich. Schau Dir mal Deine Beiträge in einem Feedreader an => Monoblock-Text. Würde es schätzen, wenn Du klare Abschnitte, vielleicht sogar mit Untertitel einführen würdest (was bei dieser Beitragslänge problemlos zu rechtfertigen ist).
# Erfasst von Reto | 10.09.07 13:29
Martin's Gravatar Hi Reto

Danke für die Blumen. Es freut mich sehr, dass Du mir so ein Feedback über Inhalt und Formalität gibst.

Ich war mir nicht bewusst, wie der RSS Feed aussieht. Da der Feed letztens einige Tage ausfiel, habe ich erst da bewusst bemerkt, dass er die "Bleiwüste" ist. Ich habe daher den Feed-Mode auf "short" gesetzt, so dass nur die ersten paar Zeien im Feed drin sind. Du verzeihst, dass ich die Artikel aus mehreren Gründen nicht mehr vollständig im RSS haben möchte. Ich habe die Leser lieber auf der Website. Ich danke Dir für Dein Verständnis.
# Erfasst von Martin | 10.09.07 21:57
Reto's Gravatar Oh nein, das wollte ich nun wirklich nicht: nur Anreisser im Feed finde ich ätzend, Martin, und wird allgemein nicht geschätzt. Eben weil das "billiges" Trafficziehen ist. Wenn die Beiträge gut sind, dann kommen die Besucher trotzdem, nicht zuletzt, um Kommentare abzugeben.
# Erfasst von Reto | 10.09.07 22:09
Micha's Gravatar Ich finde Pollmer zwar auch irgendwie gut, aber er mich ja nicht, weil ich Ökotrophologin bin. Ich habe Bücher von ihm gelesen und bin auch gegen den Diätenwahn.

Als ich in der Ernährungsberatung gearbeitet habe, habe ich versucht, den Menschen individuell zu helfen. Leider werden die Menschen heutzutage gegen Ernährungswissenschaftler geradezu aufgehetzt, so dass es schwierig wird, überhaupt Vertrauen aufzubauen.

So nützt Pollmer den Menschen nichts, denn er verunsichert sie nur weiter. Kritik an der Ernährungswissenschaft ist gut, weil sie zu Verbesserungen führt. Es kommt allerdings auch auf die Art und Weise an, wie das passiert.

Komisch ist auch, dass immer die zuerst kritisiert werden, die gar nicht Verursacher des Problems sind. Die meisten ungesunden Diäten kommen ja schließlich nicht von der Ernährungswissenschaft, sondern von allen möglichen selbsternannten Experten.

Udo Pollmer ist auch nur Lebensmittelchemiker und hat mit Ernährungsberatung nicht die Bohne zu tun. Man weiß nicht, auf welche Art Ernährungsberatung sich seine schlechten Erfahrungen beziehen. Ich finde, er sollte lieber über Zusatzstoffe und dergleichen schreiben.

Viele Leute machen freiwillig die unmöglichsten und ungesündesten Diäten, bezahlen dafür eine Masse Kohle und reden sich dann ein, dass sie damit glücklicher sind, als mit einer ganz normalen Ernährungsberatung.
# Erfasst von Micha | 18.08.08 20:17
Else's Gravatar @Martin:
Danke für Deine lesenswerte Einschätzung;-) Wobei es allerdings ein wichtiger Punkt der Wissenschaft ist, alte Erkenntnisse zu überprüfen und ggf. auch zu korrigieren. Das dabei widersprüchliche Meldungen (heute so und morgen anders) zustande kommen, ist ärgerlich, aber nicht zu vermieden. Ausser, wenn Journalisten und Co.selbst mal nachdenken und nicht alles nachquaken , was sie von den PR-Abteilungen vorgekaut bekommen.
@Micha:
Liebe Kollegin, lass Dir Deinen Beruf nicht madig machen. Der Hauptgrund der Kritik ist, dass das Berufsbild der Ernährungsberater nicht geschützt ist. So kann sich jeder, der es will, Ernährungsberater nennen. Durch solche unqualifizierte Personen werden dann falsche Ernährungsdogmen verbreitet - die ein Herr Pollmer dann zu Recht kritisiert. Auch wenn er "nur" Lebensmittelchemiker ist, ich finde, er hilft uns Ernährungswissenschaftern sehr viel mit seinen Anregungen und Kritiken. Manchmal ist eine Fremdsicht der Dinge erfrischend und gibt neuen Schwung.
# Erfasst von Else | 19.08.10 22:10
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