Ich danke dem Vulkan, der Idiotien enthüllt

Es ist schon krass: Ein Vulkan muss mal husten, damit Idiotien sichtbar werden. Die Idiotie ist der Mobilitätswahnsinn. In der knappen Woche, wo der Flugbetrieb in Teileuropa flach lag, seien 300'000 Flüge nicht durchgeführt worden. Klingelt's da? Bewegt diese Zahl etwas im Grosshirn? Oder wenigestens in der Amygdala?

50'000 Flüge jeden Tag, und das wie gesagt in nur Teileuropa! 50'000 mal eine Jet-Tankfüllung, die ja ein paar Tausend Kilo Kerosin sein kann. 50'000 mal Lärm, 50'000 mal Abgase, Gestank, Kerosin, Dreck in hohen Luftschichten - gespart! Der Erde, der Umwelt, der Natur erspart!

Aber was machen die Leute? Sie beklagen sich über einige Tage Verspätung statt über diese schon längst zur Gewohnheit gewordene Vollidiotie mal nachzudenken. Mal zu überlegen, was sie für ihre Kinder wollen. Und wenn sie schon das nicht können, was sie für sich wollen, denn im Schnitt hat ja jeder noch ca. 40 Jahre vor sich. Da will jeder in unberührter Natur wohnen oder sich zumindest ausspannen können, aber natürlich nicht ohne jederzeit mit dem Flugi hirnlos an den Sandstrand jetten zu können, um sich dort von der Sonne braten zu lassen. Ah, eventuell ist die nicht vorhandene Denkfähigkeit ja ein Schaden des Ferntourismus: Ausgetrocknete Gehirnmasse.

Da entdecken die Politiker; Hoppla, es gibt sogar Videokonferenzen. Statt für jeden Bürokratiefurz zum Amtspartner im anderen Land zu fliegen, haben immerhin einige gemerkt, es geht auch über Video. Und das ist bei den ja längst vorhandenen Technologien wohl um Grössenordnungen resourcenschonender. All diese sinnlosen, Zeit- und Geld- und Naturverschleissenden Politiker- und Businessmen-Trips ...

Wieso muss der Mensch nicht nur einen Kick in den Hintern bekommen, bevor es sein Oberschlundganglion (aka Gehirn) endlich einsetzt? Es muss ja noch härter kommen, bis die Leute endlich daran gehen, ihre Gewohnheiten zu ändern.

Als Bewusstseinstrainer ist es mir schon klar, wie gewaltig stark eine Gewohnheit jede Verhaltensänderung anfangs blockieren, sabbotieren und mühsam machen kann. Es ist unter anderem genau die Aufgabe eines Bewusstseinstrainers, einem bereitwilligen Menschen zu zeigen, wie stark ihn seine eigenen Gewohnheiten im Griff haben. Denn natürlich kann man eine Gewohnheit ändern in eine andere. Menschen machen das im Laufe ihres Lebens durch, meist halt unbewusst. Und diese erzwungene Gewohnheitsänderung ist doch meist mühsam, trauervoll, ärgerlich, und eher schwierig durchzuhalten.

Doch es geht natürlich, denn wäre der Mensch nicht fähig zur Änderung seiner Gewohnheiten, hätte er natürlich nicht überlebt.

Was mich als ebensolcher, fehlerbehafteter Mensch jeweils bis zur Weissglut aufregen kann, ist die ohnmächtige Beobachtung uneinsichtig durchgeführter Aktionen, diamanthart erstarrter Gewohnheiten, die viele Menschen gegen ihr sogenannt besseres Wissen Dinge tun lassen, die andere Menschen oder das ganze Ökosystem beeinträchtigen.

Diesmal ist es nur die hoffentlich doch im Tagesbewusstsein der Gewohnheitsmarionetten (aka Menschen) angekommene Erkenntnis: Hey, wir müssen nicht wegen jedes Scheisses Resourcen in sinnloser Menge verschwenden. Es gäbe da eventuell Alternativen ... na wunderbar!

Vielleicht lasst Ihr Euch mal diese Zahl der 300'000 Flüge in nur sechs Tagen etwas auf der geistigen Projektionsfläche stehen ... was das alles an Resourcen verschwendet wird. Und dann rechnet aus, wieviele Flüge das nur schon in Europa in einem Jahr sind. Und dann lasst mal den Gedanken aufblitzen, dass viele dieser Flüge eventuell überhaupt nicht nötig sind heutzutage. Könnt Ihr Euch vorstellen zu verzichten? Wollen wir das für unsere Lebensumgebung? Wirklich? Könnt Ihr Euch vorstellen zu verzichten?

Weil nur dies - von vielen gemacht - derzeit Resourcen schont? Wie fühlt sich das an, verzichten zu können? Nicht zu müssen, sondern aus freiem Willen sich bewusst zu entscheiden, etwas Gewohntes nicht zu tun, statt dessen etwas anderes, was für die Allgemeinheit sinnvoll ist, nicht dem Ego dient, was aber auch wohl niemand je verdanken wird? Natürlich darf man es dann erzählen, aber es sei gewarnt, man könnte schief angeschaut werden.

300'000 Flüge in sechs Tagen gespart. Ich danke dem Vulkan!

Möge dies die Gewohnheiten etwas gerüttelt haben. Ihr kennt ja diese Briefbeschwerer, deren Bodensatz nach Schütteln zu Schnee wird: So soll es sein, wir müssen gerüttelt werden, damit endlich wieder mal Schnee fällt, denn den finden wir doch jedesmal schön - selbst wenn's nur im Briefbeschwerer ist.

Ceterum censeo: Think globally, act locally.

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