Wieso der Dalai Lama sich zurückzieht ...

Das Schweizer TV brachte diese Woche lang ein Thema zur Ausstrahlung, das schon seit langen und in der Zukunft vermehrt bestimmend ist: Die Integration von kulturellen Unterschieden, von Menschen mit grundsätzlich verschiedenen Glaubensrichtungen, Lebensgeschichten, Erfahrungen.

Ich habe viel gelernt über Tamilen, Malayen, Kosovaren etc. Bei mir spielt die Herkunft zwar keine Rolle, doch ich kenne natürlich die Umgebungen nicht, die jene Leute prägten.

Einzelschicksale, die, wenn so intensiv portraitiert, wohl jeden mit etwas Gefühl zu Tränen rühren können. Familien, die teilweise in die Schweiz gelangten, doch hier zuwenig Geld haben, um Verwandte zu besuchen oder einzuladen.

Obwohl ich gerade jetzt zwei Filme sah über Kosovo-Albaner und eine Tamilen-Familie, deren Brüder nun eben getrennt sind, ähneln sich die Schicksale dieser zwei doch komplett unabhängigen Geschichten sehr. Kriege haben ihre Herkunft zerstört, haben sie entwurzelt, Leid beschert und Trauer in den Seelen zurückgelassen.

Mit etwas Einfühlsamkeit ist es nachzuvollziehen, wie Menschen sich in der Schweiz fühlen, die nicht freiwillig hierher kamen, von deren Stories wir Schweizer jedoch meistens überhaupt nichts wissen. Und dennoch meinen wir, den Politmeinungsmachern folgen zu können, wenn wir ihre Pauschalisierungen als Lösungen eingerieben bekommen.

Es gibt einfach keine allgemeinen Lösungen. Es ist daher eigentlich unmöglich, parteipolitisch zu leben. Sagt die eine Partei, man müsse sich der Leute erwehren, interessieren sie die Einzelschicksale nicht. Sagt die andere Partei, man muss sie reinlassen, kümmert sie sich nicht um die teils enormen kulturellen Unterschiede, die den Reingelassenen und uns den Umgang mit ihnen so erschweren.

Klar ist nur, dass, wenn nur wenige Schweizer sich um diese Thematiken kümmern, eben auch nur Pauschallösungen zustande kommen, die fast nichts richten können, aber bei der untätigen Bevölkerung polarisieren.

Und was hat das nun alles mit dem Dalai Lama zu tun? Ganz einfach, er zieht sich zurück, wenn die eigenen Leute die Konfrontation wollen. Denn auch wenn diese sogar erstaunt bis verständnislos sind über seinen Rückzug, er weiss, dass jede Parteiergreifung zu genau solchen Zustanden führt, wie oben ansatzweise beschrieben.

Er weiss, dass die Aktivierung des einen Pols den anderen in gleichem Masse energetisiert. Würde er sich nun stark machen für gewalttätigen Widerstand gegen China, würde es keine wirkliche Lösung mehr geben können zwischen den beiden Regierungen. Weil er das weiss, wird er "keine Stärke" zeigen, sondern sich aus der Bipolarität heraushalten, soweit es angemessen erscheint, selbst wenn das eigene Volk ihn da nicht versteht. So sieht man, dass blosses Nachsprechen von Glaubenssätzen, egal in welcher Religion oder Lebensführung, kein Wissen bringt. Nur die Arbeit an sich selbst bringt nach den Zen-Schlüsseln Wissen:

Achtsamkeit führt zu Einsicht und Einsicht führt zu Erwachen.

Dabei hebt man sich heraus aus der Polarität. Es bleibt Raum zur bewussten Entscheidung.

Der Dalai Lama macht genau das. Und das kommt nicht gut an - und zwar nota bene - auf beiden Seiten nicht, obwohl doch die Chinesen froh drüber sein könnten, dass er nicht hetzt. Warum sind sie es denn nicht?

Der Dalai Lama weiss es ...

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