Euro- und Erdölkrise, Kreativität, Ausbildung, Gewohnheiten

Der Zischtigs-Club von heute diskutierte die BP-Problematik im Golf von Mexiko. Der CEO der BP Schweiz war anwesend, einer der Erdölvereinigung Schweiz, ein Energieforscher, eine Ozeanografin, ein GreenPeaceler und ein Geophysiker und Röbi Koller.

Sehr emotional, die ganze Sache. Logisch, denn wie üblich, sind es unsere Gewohnheiten, die das Problem darstellen, oder, wie es der Energieforscher sagte: "Ein Gespräch unter Süchtigen".

Damit ist der Ausgang der Sache schon umschrieben: Die Hauptfrage latuet "Wann hört der Süchtige auf, nach neuem Stoff zu fragen?". Wenn jemand nun meint, es gäbe immer wieder Leute die aufhören können. Richtig, aber ich werfe ein: Wechselt nur das Objekt der Sucht oder endet die Sucht wirklich? Löst sich die Gewohnheit auf? Selbst wenn wir die Objektwechsler dazuzählen, so sind diejenigen, die die Sucht beenden können, wenige.

Wenn die Süchtigen dieser Welt also als Objekt das Erdöl, sprich Sprit, Wärme, Plastik, Mobilität meinen, so werden wohl 90% der Süchtigen erst dann aufhören wollen, wenn es kein Erdöl mehr gibt, oder die Lebensumstände (Umwelt, Klima, Geld) dermassen schlecht sind, dass sich Erdöl zu haben nichts mehr bringt. Doch auch dann, die Gewonheiten sind oft mächtiger und lassen sogar ihre sie Ausübende sterben. Der Mensch mit seinem scheinbaren Willen wird dann der Erhaltung der Gewohnheit geopfert, denn diese kann sich ja auf einen nachwachsenden Menschen weiterhin am Leben erhalten. Oder hat sich denn noch nie jemand gefragt, wieso denn der Nachwuchs die Marotten und Gewohnheiten der Eltern übernimmt, selbst wenn es Jahre geht, bis sie sich wieder darstellen?

Also, die im Club Diskutierenden waren sich im Kern wohl einig, dass es irgendwann kein Erdöl mehr gibt und man Alternativlösungen finden muss, aber doch nicht grad heute oder morgen. So ist es immer. Die Umweltkonferenz von Rio sie jetzt 20 Jahre her, 20 Jahre lang also gibt es Lippenbekenntnisse, sich vom Öl zu lösen. Und was passierte?

Nichts, der Erdölverbrauch der Welt pro Tag sei nun auf 85 Millionen Fass, also 85'000'000 x 159 Liter, das ist ein Würfel von 135.15 Meter Kantenlänge, pro Tag! Noch nie habe die Welt soviel verbraucht wie heute. China und Indien sei dank, denn die bringen natürlich die meisten Süchtigen hervor. Im Westen sind wir ja die arrivierten Süchtigen, die im Benz oder Jaguar zum Dealer fahren. Die neuen Süchtigen kommen noch oer Velo, wollen aber natürlich auch Benz fahren. Wer ist der Westen, dass er den Armen sagt "Ne, ihr da, ihr dürft nicht mehr das wollen, was wir erreichten."

Tja, moralisch haben wir keine Hilfmittel, diese Aussagen zu bekräftigen. Erst recht nicht, wenn gerade das Schweizer Parlement heute eine mögliche CO2-Steuer auf Benzin verunmöglichte. Ich bin mir nicht sicher, ob es in diesem Bereich wirklich den Willen des Volkes repräsentierte, oder doch eher nur den der Lobbyisten. Ist ne andere Story.

Wie also sollen Inder und Chinesen uns als moralische Vorbilder nehmen, wenn wir uns nach wie vor wie Egoistenschweine benehmen? Natürlich sehen wohl auch dort die Führenden die Problematiken kommen. Man kann nur hoffen, dass sie zwar auf uns im Westen pfeiffen, aber doch eigene Lösungen für die Zukunft erarbeiten, denn sie werden ja auch ausbaden müssen, was der Westen angerichtet hat.

Wenn sie und wir nicht per sofort den Gehirnschmalz und die Kreatitivät der Menschen nutzen, diese Herausforderung zu meistern, wird es möglicherweise Zustände wie bei Mad Max geben. Schliesslich hatten sich wohl schon einige Leute damals für den Film sich bereits überlegt, wohin das führt, wenn jeder nichts ändern will, solange der andere es auch nicht tut.

In der EDV heisst das Resultat dann Dead-Lock. Und einen Dead-Lock kann nur ein Supervisor erkennen und auflösen, üblicherweise, indem er einen der Beteiligten eliminiert. Jetzt gibt es für Völker ja keinen omnipotenten Supervisor, also wird es wohl Krieg geben, wenn keiner freiwillig loslassen will.

Was mich immer so verblüfft, ist die Tatsache, dass wir informierten Leute das alles wissen. Und doch schert sich fast keine Sau darum. "Nach mir die Sintflut" scheint wohl immer noch die Ausrede zu sein, nichts tun zu müssen. Dumm nur, dass die Sintflut selbst mittelalterliche Leute noch im aktiven Lebensalter erwischen wird. Wer heute jünger als 50 Jahre ist, wird das Anschwellen der Welle des globalen Ungemachs vielleicht bereits erleben.

Wenn alle unsere Gesellschaften es nicht ab heute schaffen, andere Werte als wünschenswert zu etablieren, andere Ziele zu schulen, die Kreativität der Leute besser zu nutzen statt abzuwürgen, werden wir wohl im Airbus mit Vollgas in die Mauer donnern, es wird viele Tote geben und dann erst wird es wohl klar sein, dass die Mauer wirklich gekommen ist, die wir doch schon 50 Jahre lang kommen sahen.

Nun, ich schrieb ja schon grad letzthin über den Mobilitätswahn, doch natürlich anerkenne ich auch, dass die Änderungen des Lebensstils nicht von heute auf morgen stattfinden werden.

Der BP-Chef meinte ja auch, wenn es heute wirklich jemanden gäbe, der morgen die Technologien zur Ablösung von Erdöl erforscht haben könnte, der wäre übermorgen die führende Firma auf der Welt. Drum hätte auch BP und alle anderen Firmen natürlich ein grosses Interesse an alternativen Technologien. BP setze auch 5% des Cashflows (ca. USD 1 Milliarde) in diese Erforschung, doch die anderen Diskutierenden fanden (wie ich auch), dass es eigentlich 5 Milliarden sein dürften, denn mit nur 5% erscheine BPs Engagement doch eher bloss eine Alibiübung zu sein.

Nun, der Kopf wird einigen Leuten brummen, wenn sie ihn an der Mauer deformieren müssen. Tun kann jeder was. Die üblichen Verdächtigen sind MNobilität, Verschwendung, Hirnlosigkeit, Gewohnheiten, Ausbildung mit falschen Zielen oder Motivationen. Wir müssten die heutige Jugend besser ausbilden, zur Kreativität nämlich, denn diese wird gebraucht werden in der Zukunft. Eingefahrene Denkschemata haben uns schliesslich hierher gebracht und werden uns das beschriebene Kopfweh bringen, wenn wir sie beibehalten.

Einen bemerkenswerten Beitrag zur Bildung der nächsten Generation fand ich dem Tipp eines Freundes verdankend auf www.ted.com.

Sir Ken Robinson erklärt dort in einem Vortrag aus dem Jahre 2006, dass wir, die Gesellschaft, die Schulungssysteme, die Wertvorstellungen sich öffnen müssen, und zwar der ungeheuren Kreativität der jungen Menschen. Denn wir bilden sie aus, mit Wert- und Zielvorstellungen der Altvorderen, die uns in die aktuellen Miseren trieben. Wir können doch nicht ernsthaft wollen, dass dies die Ziele derer sein sollten, die aus dieser Situation rauskommen müssen in den nächsten 50-100 Jahren.

Der Vortrag ist in englisch, man kann aber deutsche Untertitel einblenden lassen. Der Humor von Ken Robinson geht dadurch zwar etwas verloren, kommt jedoch immer noch durch.

Die Erdölkrise, die Eurokrise, der Egoismus, der Kapitalismus und die Wachstumsgläubigkeit etc. etc. Hoffen wir, dass der Nachwuchs seine Kreatitivität ausleben kann. Diese Gewohnheit können alle Menschen mit Nachkommen im Alltag wandeln lernen: Indem sie offen sind den Ideen gegenüber, die ihr Nachwuchs so aufbringt. Nicht entwertend, nicht ignorierend, sondern fördernd, mit Mass, so dass sich neue Ideen für die Zukunft des Nachwuchses entwickeln können. Ideen, die frei sind von Altlaster der Altvorderen. Denn wir durfen unsere Ideen noch ausbaden, wir sollten die aber nicht auch noch dem Nachwuchs aufbürden.

Viel Spass beim Videoschauen!

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