TV ist erleuchtend: Joy - Erzbischof Desmond Tutu und der Dalai Lama
Den Film des einwöchigen Treffens des Dalai Lamas und Bischof Desmond Tutu. Ich bin dankbar, dass ich dem Impuls folgen durfte, den Film zu "entdecken" und zu sehen. Ich kannte ihn nicht, obwohl er ja schon 2014 gedreht wurde.
Der Film namens Joy, also Freude. Wie kann man Freude haben, wenn man in der Apartheit und unter den Chinesen aufwachsen musste? Wie konnte Nelson Mandela 27 Jahre im Gefängnis leben? Wie können meditierende Gehirne in Ruhe sein, auch wenn der Körper physisch gestresst wird? Wie kann eine Mutter einem Apartheit-Mörder vergeben?
Sie alle trennen Emotion von Information, deshalb meditieren geistige Führer. Sie erkennen, dass die Emotion den eigenen Zustand und über die Zeit den eigenen Körper beeinträchtigen - und bevor diese Feedbackschleife in der physischen Ebene einsetzt, machen sie etwas mentales dagegen. Auch wenn Emotionen durchlebt werden dürfen, so geht es darum, dass man erkennt, welche Emotionen man zum eigenen Vorteil erhalten darf und welche man so schnell wie möglich los werden sollte.
Sie lernen, andauernd. Geben wiederum, denn Menschen sind von Natur aus gütig. Menschen müssen es nur tun, denn im Tun erleben sie die Wirkung bei anderen, und dann nachhaltig bei sich. Wo es sogar einen Monat lang biophysikalisch messen kann. In Südafrika heisse das Ubuntu, das Erleben des Menschseins durch den anderen.
Der Dalai Lama sagt: Vergebung nicht zu leben, sie für Schwäche zu halten, sei 1000% falsch. Wir alle haben diese Fähigkeit.
Der Film ist Balsam.
Denn beide Grössen erzählen in diesem Film, was sie selbst erlebt haben. Desmond Tutu erzählt von seinem trunksüchtigen Vater, der seine Mutter verprügelte. Als sein Vater einen Tag vor seinem Tod mit ihm reden wollte, habe Desmond das Gespräch verschoben. Und am nächsten Tag nur den Tod des Vaters erfahren. Dieses Aufschieben bereue er noch immer, macht ihn traurig. Er hoffe, dass sein Vater ihm irgendwas erklären wollte, vielleicht um seinen anstehenden Tod wusste. Desmond, der eher Opfer war, wünscht nun, dass sein prügelnder Vater ihm vergebe. Was für eine Haltung, was für eine Erkenntnis.
Freude ist die Belohnung dafür, dass man anderen eine Freude macht. Dass man die Tränen der Erlösung oder Freude eines anderen Menschen trocknen kann, macht einem warm ums Herz. Man stelle sich mal andere "Führer" vor. Ich erinnere mich nur noch an Clinton und Jelzin, als Jelzin sich nicht mehr halten konnte - beides Staatschefs, beide doch immer eher steif. Dann diese Szene. Sie waren mal Menschen - vor den Kameras der Welt. In kurzer Moment der Gegenwart bringenden Freude.
Das ist anhaltende Freude, die Belohnung fürs Ubuntu.
Schon anfangs des Films wird klar, dass die beiden wirklich die Art von Jungs haben. Kindliche Unbekümmertheit - als so grosse Geistesführer. So starke Leuchtfeuer. Was sich liebt, das neckt sich. Wir alle mit langdauernden Freundschaften wissen das. Wie die Wortwahl auch sei, man weiss, wie's gemeint ist. Die beiden machen das auch - vor der Kamera.
Sie haben sich offenbar nur 8 mal im Leben getroffen und dennoch ist es spürbar, dass sie sich verbunden waren.
Und dennoch kann man in ihren Gesichtern lesen ... wie sich ihre gegenseitigen Erinnerungen bei ihnen auswirken. Doch scheinbar braucht es sie, denn wir sind doch alle gleich. Alle können anderen Freude spenden, alle können Mitgefühl zeigen. Alle können mit anderen Freude erleben, denn Freude und Menschlichkeit sind jederzeit nur eine kleine bewusste Entscheidung entfernt. Denn es ist eine bewusste trainierbare Haltung, sich für die Freude zu entscheiden.
Der Dalai Lama wolle 113 Jahre alt werden. Damit er die Chinesen noch lange ärgern kann ... was für ein Spass. Desmond hat 2021 gewechselt. Der Dalai Lama sagte, dass Desmond schon mal vorgehen solle und - als Christ -ihn im Himmel wohl erwarten werde, vielleicht zusammen mit Gott. Er selbst werde sich an ihn beim Wechsel erinnern. Und in der nächsten Reinkarnation werde die Erinnerung sie weiterhin verbinden. Ob sie sich wieder treffen ...
Da ich keine Familie habe, bin ich an Sonntagen oft alleine. Da habe ich Ruhe, aber auch niemanden zum Austausch. Dass mich mein System auf solche TV-Sendungen aufmerksam macht, freut mich sehr, denn die Inhalte verbinden mich immer wieder mit der tieferen, ewigeren Essenz des Menschseins.


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