Da gefällt mir Marcel Rohner doch gleich ...und Thomas Borer an die Front.

Spannender Zischtigs-Club von heute ... Marcel Rohner, Konzernchef der UBS, und andere besprechen, was man nun tun soll, um der Harshness der USA zu begegnen. Simonetta Somaruga war die einzige, die etwas angriffig war. Die die Aktionen von Bank und Bundesrat als mutlos, halbherzig und eigentlich ungewollt taxierte. Diese Meinung teile ich.

Für mich war spannend zu sehen, was zum Beispiel dem Herrn Rohner offenbar wirklich Bange macht: Er will nicht den automatischen Datenaustausch mit fremden Ländern, wenn dort irgendwie ein Verfahren gegen jemanden eingeleitet wird, der Geld in der Schweiz parkiert hat.

Obwohl mir der Unterschied zwischen Steuerbetrug und -hinterziehung mittlerweile zwar klar ist, aber ich niemanden davon freisprechen mag, Hinterziehung praktisch "unbewusst" ausgeübt zu haben, finde ich auch, dass solche Daten keinen Persilschein bekommen dürften, indem man die Prozesse so automatisiert, dass jeder Staat quasi auf Knopfdruck und ohne weitere Kontrolle über die Rechtmässigkeit der Erhebung Daten aus den Banken absaugen kann.

Ich habe gerade ein Nachsteuerverfahren hinter mir, weil ich etwas vergessen habe anzugeben. Es ist passiert aus einer Umwandlung einer Firma in eine andere Rechtsform. Wenn man so will, kam mir der Staat auf die Schliche. Aus meiner Sicht war es aber etwas, was mir gar kein Vermögen, geschweige den Einkommen einbrachte. Der Staat war da anderer Meinung. Ich wurde zwar gehört, aber wie's schien, wusste ich einfach nicht, was ich da diesbezüglich deklarationspflichtig war. Der Vorteil, dass Hinterziehung nicht automatisch zu einem Offizialdelikt wird, wurde mir klar, nachdem der Steuerkommissar auf eine Busse verzichtete. Soviel ich da sehe, ist genau mein Fall etwas, was mir ohne die Unterscheidung von Hinterziehung zu Betrug den Verzicht auf eine Busse, ja ein ganzes Rechtsverfahren, nicht mehr hätte einbringen können. Ich wäre wohl verurteilt worden, mit Busse und Strafregistereintrag.

Allerdings würde ich schon damit leben können, wenn der Unterschied verschwände. Es gäbe dann halt Gerichtsbelastungen, aber wenn die Richter genauso milde sein können vom Gesetzestext her wie "mein" Steuerkommissar, dann obliegt es immer noch einem Menschen, einen steuersündigen anderen Menschen zu beurteilen. Denn es ist doch klar, wie auch Frau Somaruga sagte, es ist höchst unwahrscheinlich, dass jemand "vergisst", ein Konto mit ein paar Hunderttausend in der Steuererklärung anzugeben, wenn er jeweils am Schluss den Satz unterschreibt, nach besten Wissen und Ehrlichkeit die Angaben gemacht zu haben. Grad wer etwas zuviel Geld rumliegen hat, der wird das ihm doch so wichte nicht etwa einfach so vergessen, während einigen paar wenigen Wochen im Jahr ...

Ich als studierter Informatiker möchte auf keinen Fall, dass womöglich gar computerbasierte Prozesse eingeführt werden, um ohne mein Wissen alles Mögliche über mich - und notab bene meine finanzielle Lage - zu erfahren. Natürlich, man bekommt das schon alles raus, wenn man will. Aber bitte nicht irgendein Bürokrat in einem holländischen Steuerbüro, dem mal eben mein Name im Zusammenhang mit einem mutmasslichen holländischen Steuerbetrüger auf den Tisch gekommen ist. Denn es ist klar, wenn diese Wege mal etabliert sind ... eine Rückkehr zum alten System wird es dann nie mehr geben. Und eben, da ich dann nichts davon weiss, wird es problemlos laufen, denn "wo kein Kläger, da kein Richter".

Professor Geiger hat von mir aus gesehen einen guten Punkt gemacht: Das Bankgeheimnis wurde erfunden, um den Bürger gegenüber der Bank des Staates zu schützen, es sei damals nicht um Steuern gegangen, sondern um Einkommen. Heute aber wollen die umliegenden Staaten die Steuern. Nach Professor Geiger gebe es die Lösung ja schon und sie sei verhandelt und akzeptiert von der EU. Es ist das Quellen- und Verrechnungssteuersystem. Darin erhebt die Schweiz Steuern bei den hier lebenden Ausländern und gibt davon Dreiviertel an die Herkunfsstaaten der Ausländer zurück, ohne dass diese Staaten genau wüssten, von wem im einzelnen welche Beträge stammen.

Dies sei den Staaten, vor allem auch England, angeboten worden. Es sei jedoch aus fadenscheinigen Gründen abgelehnt worden. Bei England ist es offensichtlich, denn die haben nach wie vor ihre eigenen Steuerparadiese. Und da fällt es natürlich schwer, proaktiv etwas anzunehmen, was man selbst noch nicht einmal soweit geschafft hat.

In der USA selbst sollen einige Counties sich selbst vermarkten mit markigen Sätzen, nach denen die Anonymität auf ihren Banken grösser sei als in allen Steuerparadiesen dieser Welt. Und eben in the UK, die nahen Jersey und Guernsey, grad mal ein paar Dutzend Kilometer weg von London ...

Wie dem auch sei. Meiner Sicht nach herrscht tatsächlich ein Wirtschaftskrieg, wie Haltiner von der FINMA sagte. War es vor der Wirtschaftskrise womöglich noch erst eine Rivalität zwischen den Staaten, so könnte es jetzt ein veritabler Krieg sein, denn alle westlichen Staaten haben sich gigantisch verschuldet. Und irgendwoher muss die Kohle ja nun kommen. Und auf wen geht man publikumsträchtig am besten los, wenn man die eigenen Sauereien nicht in den Griff bekommt? Natürlich auf die Kleinen, und die Schweiz ist diesbezüglich klein. Steinbrück hat diese Vorgehensweise realisiert ... und netterweise auch in Deutschland selbst auf den Sack bekommen.

Ich denke daher, dass Typen wie der selbstbewusste Exbotschafter Thomas Borer hingestellt werden sollten gegen die Bürokraten der USA und anderer Ländern, die lieber den Splitter im Auge des Gegenübers sehen als den Balken im eigenen. Sie sollen eine selbstbewusste Schweiz vertreten.

Damit meine ich nicht, dass die Steuerhinterziehung geduldet werden darf. Denn, wenn ein Milliardär halt 100 Millionen an Steuern abliefern soll, kann er da nicht von den restlichen 900 Millionen immer noch gut leben? Und was kann der Staat für die Armen tun, wenn er die 100 Millionen im Säckel hat? Da gibt's dann wieder Programme für Bildung und Unterstützung, AHV, IV was auch immer und wo auch immer. Wenn man aber Hinterziehung duldet, dann fördert man die Weitung der Einkommensschere ... darf man da einem Staat absprechen, das "versteckte" Geld reinbekommen zu wollen? Den schliesslich verwaltet ein Staat im westlichen Sinne Geld zum Nutzen seiner Bürger, und zwar aller Schichten.

Es geht halt wieder mal um dasselbe: Mein Hemd ist mir am nächsten. Wer schreit am vehementesten gegen die Abschaffung der Schweizer Spezialität "Steuerhinterziehung"? Womöglich die, die genau wissen, woher ihr Vermögen stammt? Die, deren Solidarität eventuell sonst nie ausbricht, ausser natürlich grad jetzt? Die, die gut an solchen luschen Vermögen verdienen? Natürlich.

Dass es jetzt die Schweiz trifft, ist halt sicher auch deshalb, weil sie halt ein kleines Zahnrädchen im grossen Polit- und Machtgetriebe ist. Da probieren die Grossen mal den Krieg im Kleinen, eben mit der Schweiz. Dass danach die EU sogar gegen ihre eigenen Mitglieder vorgehen müsste, und wie man das denn am besten anstellt, das ist der Grund, wieso man mal die Schweiz im Sandkasten besiegen will, bevor man dann Österreich, Luxemburg und andere drannehmen will. Das merkt zumindest Österreich mittlerweile, denn die konnten sich bisher hinter dem Fall Schweiz verstecken. Erwischt es aber uns, so wissen sie genau, dass dann auch bei ihnen aufgeräumt werden will. Und das kann die EU dann bei den Mitgliedsstaaten wohl leichter als bei uns.

Und die USA, genau denen soll Borer mal den Spiegel vorhalten und nicht als kuschender Lakei begegnen, sondern als Repr$sentnat eines souveränen Staates, aus dem ja schliesslich viele ausgewandert sind, um die schöne USA zu bevölkern. Die Hypotheken-Plage wurde in der USA manifest, wo das kapitalistische System der Götze schlechthin ist. Will Obama, den ich sehr schätze, sich einfach über Souveränitäten hinwegsetzen? Das, so denke ich, muss ein Typ wie Borer auch dem Goliath USA unter die Nase reiben. Und damit der auch gutmütig wird, muss Borer wohl ein Geschenk mitbringen, das da wäre: die Expressbehandlung aller Rechtshilfegesuche in Steuerfragen, die die USA in der Schweiz deponierte. Ich denke, wenn die USA innert nützlicher Frist das bekommt, was sie erreichen will, die Steuern ihrer Bürger, so kommt die Schweiz nochmals davon. Sollte es dazu schon zu spät sein, wie Somaruga meinte, dann will die USA womöglich nicht nur die Steuern, sondern auch die Einkommen ihrer betuchten Bürger. Dann wird die Gegenwehr der Schweiz wohl einiges mühsamer werden, doch ich meine, es darf nur so gehen: Gerade mit Bezug auf die hehren Absichten von Obama muss der Goliath auch dem David Respekt zollen und mit ihm gleichberechtigt verhandeln.

Etwas zynisch gesagt bin ich froh, haben wir keine Meeranstoss - sonst tauchte am Horizont plötzlich ein Flugzeugträger auf ...

Wir werden sehen ... :-)

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